Rechtsanwalt Michael Hauptfleisch


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Bundesgerichthof BGH, Urteil vom 8. Juni 2011 - VIII ZR 204/10

Mietrecht

IM NAMEN DES VOLKES


URTEIL



Verkündet am:

8.Juni2011 Ermel, Justizangestellte als
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Rechtsstreit


BGB § 558b Abs. 1; ZPO § 894


Zur Auslegung des Tenors eines Urteils auf Zustimmung zur Erhöhung der Wohnraummiete, in dem Monat, ab dem die erhöhte Miete geschuldet ist, nicht genannt ist.


BGH, Urteil vom 8. Juni 2011 - VIII ZR 204/10 - LG Marburg AG Marburg/Lahn


Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juni 2011 durch den Richter Dr. Frellesen als Vorsitzenden, die Richte-rinnen Dr. Milger und Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Schneider und Dr. Bünger.


für Recht erkannt:


Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Marburg vom 14. Juli 2010 wird zurückgewie

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.


Von Rechts wegen


Tatbestand:

Die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung der Klägerin in M. . Mit Schreiben vom 29. August 2005, zugegangen am 31. August 2005, forderte die Klägerin die Beklagte auf, einer Mieterhöhung ab November 2005 von 550 € auf 655 € zuzustimmen. Nachdem die Beklagte der Erhöhung nicht zugestimmt hatte, erhob die Klägerin in einem Vorprozess Klage auf Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung. Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Marburg vom 7. Mai 2007 wurde die Beklagte verurteilt, einer Erhöhung der Miete auf 606,64 € zuzustimmen; im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Ein Zeitpunkt, ab dem die Miete sich erhöhte, war in der Urteilsformel nicht genannt.


Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin die Zahlung des Mieteröhungsbetrags von monatlich 56,64 € für den Zeitraum von November 2005 bis Juli 2007, insgesamt 1.189,44€ nebst Zinsen. Das Amtsgericht hat die Klaabgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und die Beklagte zur Zahlung von 1.132,80€ nebst Zinsen verurteilt; im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.


Entscheidungsgründe:

3 Die Revision hat keinen Erfolg.

4 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Weausgeführt:

Die Klägerin habe gemäß § 558b BGB einen Anspruch auf Zahlung rückständiger Miete in Höhe von monatlich 56,64€, insgesamt 1.132,80€, für den Zeitraum von November 2005 nicht bis Juli, sondern nur bis Juni 2007. Sie habe zum 1. November 2005 die zu einer entsprechenden Mieterhöhung notVoraussetzungen herbeigeführt. Das rechtskräftige Urteil des AmtsMarburg vom 7. Mai 2007 habe gemäß § 894 ZPO zur Folge, dass die Zustimmungserklärung der Beklagten zu einer Erhöhung der monatlichen Miete auf netto 606,64 € als abgegeben gelte. Dies bewirke, dass der Mieter nach § 558b Abs. 1 BGB die erhöhte Miete für die Zeit ab dem dritten auf das Erhödes Vermieters folgenden Kalendermonats schulde.

Der Tenor des Urteils vom 7. Mai 2007 zwinge nicht dazu, die Mieterhöauf den Zeitpunkt der Rechtskraft zu beziehen. Es sei durch Auslegung zu ermitteln, zu welchem Erhöhungsverlangen des Vermieters der Mieter die Zuerteilen solle. Insoweit ergebe sich aus dem Urteil vom 7. Mai 2007 deutlich, dass die Klägerin von der Beklagten die Zustimmung zu ihrem Erhövom 29. August 2005 begehrt habe und das Gericht nach Begenau über dieses Begehren entschieden habe.


Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revizurückzuweisen ist. Der Klägerin stehen für den Zeitraum von November 2005 bis Juni 2007 die geltend gemachten Erhöhungsbeträge zu. Mit der Rechtskraft des im Vorprozess ergangenen Urteils des Amtsgerichts Marburg vom 7. Mai 2007 gilt die Zustimmung der Beklagten zu der im Erhöhungsverder Klägerin vom 29. August 2005 begehrten Mieterhöhung als abgegeDamit schuldet die Beklagte, wie im Erhöhungsverlangen gefordert, die erhöhte Miete ab dem 1. November 2005, dem dritten Kalendermonat nach dem Zugang des Erhöhungsverlangens der Klägerin (~ 558b Abs. 1 BGB).

1. Der Anspruch auf Zahlung der erhöhten Miete setzt gemäß § 558b BGB eine entsprechende Änderung des Mietvertrags voraus. Stimmt der Mieter dieser Änderung aufgrund des Mieterhöhungsverlangens des Vermieters nicht zu, muss der Vermieter auf Zustimmung klagen; mit Rechtskraft des Urteils, durch das der Mieter zur Zustimmung verpflichtet wird, gilt dessen Zustimärung gemäß § 894 ZPO als abgegeben, das heißt, die erforderliche Vertragsänderung tritt ein. Sie bewirkt, dass der Mieter nach § 558b Abs. 1 BGB den erhöhten Mietzins für die Zeit ab dem dritten auf das Erhöhungsverlangen des Vermieters folgenden Kalendermonat schuldet (Senatsurteil vom 4. Mai 2005 - VIII ZR 94/04, NJW 2005, 2310 unter II 2 b aa)

2. Der Umstand, dass im Tenor des Zustimmungsurteils vom 7. Mai 2007 der Monat, ab dem die erhöhte Miete geschuldet ist, nicht genannt ist, rechtferkeine andere Beurteilung und führt nicht dazu, dass die erhöhte Miete erst ab Rechtskraft des Zustimmungsurteils geschuldet wäre (aA Schmidtörstinghaus, Mietrecht, 10. Aufl., § 558b BGB Rn. 72). Denn zur Erdes Inhalts der insoweit auslegungsbedürftigen Urteilsformel sind Tatund Entscheidungsgründe, insbesondere auch der dort in Bezug geParteivortrag im Prozess samt Antrag heranzuziehen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 1961 - III ZR 16/60, BGHZ 34, 337, 339). Aus dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen des Urteils vom 7. Mai 2007 ergibt sich zweifelsfrei, dass die Klägerin im Vorprozess die Zustimmung zu ihrem Erhöhungsverlangen vom 29. August 2005 begehrt hat, in dem sie eine Erhöder Miete ab November 2005 gefordert hatte, und dass das Amtsgericht diesem Begehren - mit Abstrichen lediglich hinsichtlich der Höhe der verlangten Miete - stattgegeben hat.

3. Dass die Klägerin im Klageantrag des Vorprozesses keinen Zeitpunkt angegeben hat, ab dem die Mieterhöhung geschuldet sein sollte, ist ebenfalls unschädlich. Denn dieser Zeitpunkt ergab sich aus ihrem Erhöhungsverlangen vom 29. August 2005, dem das Urteil vom 7. Mai 2007 - von einer betragsmäßigen Reduzierung der verlangten Miete abgesehen - entsprochen hat, und ergäbe sich im Übrigen, wenn im Erhöhungsverlangen kein Zeitpunkt genannt wäre, aus dem Gesetz (~ 558b Abs. 1 BGB).

Zwar ist der Vermieter nicht gehindert, eine Mieterhöhung erst mit Wirzu einem späteren als dem in § 558b BGB bestimmten Zeitpunkt geltend zu machen (MünchKommBGB/Artz, 5. Aufl., § 558b Rn. 8 und 16; Bamberger! Roth/Ehlert, BGB, 2. Aufl., § 558b Rn. 15; Müller/Walther/Schneider, Miet- und Pachtrecht, Band 1, Stand Juli 2009, § 558b Rn. 108). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Denn die Klägerin hat, wie ausgeführt, in ihrem Erhöhungsverin Übereinstimmung mit § 558b Abs. 1 BGB die Zustimmung der Beklagzu einer Erhöhung der Miete ab November 2005 und nicht erst zu einem späteren Zeitpunkt gefordert. Insoweit ist der Klägerin das zugesprochen worwas sie beantragt hat, so dass - wovon das Berufungsgericht zutreffend ausgeht - kein Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorliegt.

Vorinstanzen:

AG Marburg/Lahn, Entscheidung vom 20.11.2009 - 9 0 560/09 (2) -
LG Marburg, Entscheidung vom 14.07.2010 - 5 5 170/09 -


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