Rechtsanwalt Michael Hauptfleisch


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BGH, Urteil vom 4. Mai 2011 - VIII ZR 195/10

Mietrecht



IM NAMEN DES VOLKES


URTEIL


in dem Rechtsstreit

Verkündet am:
4. Mai 2011 Vorusso, Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



BGB § 548 Abs. 2


Ersatzansprüche des Mieters wegen Schönheitsreparaturen, die er während des Mietverhältnisses in der irrigen Annahme einer entsprechenden Verpflichtung ausgeührt hat, verjähren nach § 548 Abs. 2 BGB binnen sechs Monaten ab Beendigung des Mietverhältnisses.


BGH, Urteil vom 4. Mai 2011 - VIII ZR 195/10 - LG Freiburg AG Freiburg


Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Mai 2011 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Frellesen, die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger

für Recht erkannt:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Freiburg vom 15. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.



Von Rechts wegen



Tatbestand:


1. Der Kläger und seine Ehefrau waren vom 1. November 2000 bis zum 31. Dezember 2006 Mieter einer Wohnung der Beklagten in F. Der Mietvertrag enthält in § 13 eine Formularklausel, die den Mietern die Durchührung von Schönheitsreparaturen nach einem starren Fristenplan auferlegt.

2 Der Kläger und seine Ehefrau ließen die Wohnung vor der Rückgabe am Ende des Mietverhältnisses zu Kosten von 2.687 € renovieren. Später erfuhren sie, dass sie zur Ausführung dieser Arbeiten wegen der Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel nicht verpflichtet gewesen waren. Der Kläger hat sich von seiner Ehefrau deren Ansprüche auf Erstattung von Renovierungskosabtreten lassen.

3 Mit der am 22. Dezember 2009 eingereichten und am 4. Januar 2010 zugestellten Klage hat der Kläger Zahlung von 2.687 € nebst Zinsen begehrt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Reverfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

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Entscheidungsgründe:


4 Die Revision hat keinen Erfolg.

5 Das Berufungsgericht (LO Freiburg, NZM 2011, 71) hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

6 Das Amtsgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen, weil der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der rechtsgrundlos erbrachten Renovierungsleistungen gemäß § 548 Abs. 2 BOB in sechs Monaten seit Rückgabe der Mietsache verjähre und dieser Zeitraum bei Klageerhebung beabgelaufen gewesen sei.

7 § 548 Abs. 2 BOB umfasse nach seinem Wortlaut sämtliche Aufwendundes Mieters auf die Mietsache, nicht nur solche mit Fremdgeschäftsfühsondern auch bereicherungsrechtliche Ansprüche wegen einer Endrenovierung, die der Mieter aufgrund vermeintlicher Verpflichtung durchgeührt habe. Dieser Bereicherungsanspruch unterliege somit einer kürzeren Verährung als der Anspruch auf Rückgewähr von Mietzahlungen. Dies sei aber, obwohl es sich bei der Vornahme von Schönheitsreparaturen wirtschaftlich um Entgelt für die Gebrauchsüberlassung handele, im Hinblick auf den Rechtsgedanken des § 548 Abs. 2 BGB gerechtfertigt. Entscheidender Gesichtspunkt sei der Zustand der Mietsache im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung.

8 Der Anwendung des § 548 Abs. 2 BGB auf den vorliegenden Fall stehe auch nicht entgegen, dass der Rückforderungsanspruch auf diese Weise verähren könne, ehe sich der Mieter seines Anspruchs überhaupt bewusst werde. § 548 Abs. 2 BGB unterscheide nicht zwischen bekannten und unbekannten Ansprüchen. Eine solche Einschränkung sei auch nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht geboten. Denn dieser Zweck bestehe vor allem darin, Ansprüche des Mieters, bei denen es auf den Zustand der Wohnung ankomme, einer kurzfristigen Klärung zuzuführen.

9 Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat zu Recht angedass der vom Kläger wegen der rechtsgrundlos durchgeführten Schönheitsreparaturen geltend gemachte Anspruch der kurzen Verjährungsfrist des § 548 Abs. 2 BGB unterliegt, die hier vor Einreichung der Klage abgelaufen war.

10 Gemäß § 548 Abs. 2 BGB verjähren Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Aufwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung in sechs Monaten nach der Beendigung des Mietverhältnisses. In der Rechtspreder Instanzgerichte und in der Literatur ist streitig, ob unter diese Vorauch Ersatzansprüche des Mieters wegen Schönheitsreparaturen fallen, die er in Unkenntnis der Unwirksamkeit einer Renovierungsklausel ausgeführt hat.

11 1. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass § 548 Abs. 2 BGB auf derartige Ansprüche des Mieters weder direkt noch analog Anwendung finde, sondern die allgemeine Verjährungsfrist von drei Jahren maßgeblich sei (Eisenschmid, WuM 2010, 459, 469 f.; Blank, NZM 2010, 97, 102 und WuM 2010, 234f.; Jacoby, ZMR 2010, 335, 338; Wiek, WuM 2010, 535, 536f.; Palandt/Weidenkaff, BGB, 70. Aufl., § 548 Rn. 10). Dies wird vor allem damit begründet, dass § 548 Abs. 2 BGB die kurze Verjährung nur für Ansprüche des Mieters wegen Aufwendungen - im Sinne freiwilliger Vermögensopfer - anordfür Schadensersatzansprüche sowie für Bereicherungsansprüche aufgrund einer Leistungskondiktion gelte die Vorschrift hingegen nicht. Es bestehe auch kein Anlass, die Position des vertragstreuen Mieters zu schwächen, der in Under Unwirksamkeit der vom Vermieter verwendeten Allgemeinen Geäftsbedingungen eine Renovierung ausgeführt habe (Wiek, aaO 5. 537; Blank, WuM 2010, aaO). Im Übrigen ergebe sich ein Wertungswiderspruch, weil für Ersatzansprüche des Mieters wegen nachvertraglich getätigter Aufwendundie Regelverjährung anzuwenden sei (Wiek, aaO). Schließlich wird darauf hingewiesen, dass die Rechtsfolge des § 548 Abs. 2 BGB nicht auf Ersatzanüche des Mieters für während der Mietzeit vorgenommene Schönheitsrepapasse, die am Ende des Mietverhältnisses bereits abgewohnt seien (Jacoby, aaO 5. 337).

12 2. Die auch vom Berufungsgericht vertretene Gegenmeinung sieht Schönheitsreparaturen als “Aufwendungen‘ im Sinne des § 548 Abs. 2 BGB an und wendet deshalb auf daraus resultierende Ersatzansprüche die kurze Verährung an (LG Kassel, NZM 2010, 860, 861 f.; Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl., § 548 Rn. 24; Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 10. Aufl., § 548 BGB Rn. 49; Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearb. 2011, §548 Rn. 10; BamberBGB, 2. Aufl., § 548 Rn. 37; Roth, NZM 2011, 62, 64; Gsell, NZM 2010, 71, 76; Lehmann-Richter, NZM 2009, 761, 763; Kinne, GE 2009, 358, 360 f.; Paschke, WuM 2008, 647, 652; Klimke/Lehmann-Richter, WuM 2006, 653, 655). Diese Auffassung stellt vor allem auf den Zweck des § 548 BGB ab, der auf eine möglichst schnelle Klärung der wechselseitigen Ansprüim Zusammenhang mit dem Zustand der Mietsache gerichtet sei. Der Beder Aufwendung sei deshalb weit zu verstehen und erfasse sämtliche verögenswerte Maßnahmen, die den Bestand der Mietsache erhalten, wiederoder verbessern (Schmidt-Futterer/Streyl, aaO Rn. 48).

13 3. Der letztgenannten Ansicht gebührt der Vorzug. Der Senat hat bereits zu § 558 BGB aF, der Vorgängervorschrift des jetzigen § 548 BGB, entschiedass mit dem damals verwendeten Begriff der “Verwendungen“ alle Aufzu verstehen sind, die das Grundstück in seinem Bestand verbes(Senatsurteil vom 2. Oktober 1985 -VIII ZR 326/84, NJW 1986, 254 unter 2 a). Für den Begriff der “Aufwendungen“ im jetzigen § 548 BGB gilt nichts anda mit der entsprechenden Änderung durch das Mietrechtsreformgesetz keine inhaltliche Änderung beabsichtigt war (vgl. BT-Drucks. 14/4553, 5. 45; Schmidt-Futterer/Streyl, aaO).

14 a) Vom Mieter durchgeführte Schönheitsreparaturen dienen der Verbesder Mietsache und sind deshalb Aufwendungen im Sinne des § 548 Abs. 2 BGB. Ansprüche, die der Mieter wegen der Durchführung solcher Arbeigegen den Vermieter erhebt, fallen somit unter die kurze Verjährung des § 548 Abs. 2 BGB. Auf die rechtliche Einordnung des vom Mieter geltend geAnspruchs kommt es dabei nicht an. Denn die kurze Verjährungsfrist findet auch dann Anwendung, wenn der Mieter den Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen nicht oder nicht nur auf gesetzliche Vorschriften des Mietrechts stützt, sondern sich auf mietvertragliche Vereinbarungen, Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigte Bereicherung beruft (Senatsurteil vom 13. Februar 1974- VIII ZR 233/72, NJW 1974, 743 unter III).

15 b) Die kurze Verjährung des § 548 Abs. 2 BGB findet ihre Rechtfertigung zum einen darin, dass nach Beendigung des Mietverhältnisses alsbald Klarheit über bestehende Ansprüche im Zusammenhang mit dem Zustand der Mietsaerreicht werden soll (BT-Drucks. 14/4553, 5. 45). Zum anderen dient die in § 548 Abs. 2 BGB getroffene Spezialregelung auch dem Zweck, das laufende Mietverhältnis nicht unnötig mit Auseinandersetzungen zu belasten (Senatsurvom 28. Mai 2008 -VIIIZR 133/07, NZM 2008, 519 Rn. 16; Gsell, aaO 5. 77). Hieraus folgt, dass sämtliche Ansprüche, die der Mieter wegen der Durchführung von Schönheitsreparaturen gegen den Vermieter erhebt, nach § 548 BGB und nicht nach §~ 199, 195 BGB verjähren, mithin auch der Anaus ungerechtfertigter Bereichung nach § 812 Abs. 1 BGB (Leistungsder dem Mieter, der aufgrund einer unwirksamen Vertragsklausel renoviert hat, nach der Rechtsprechung des Senats zusteht (vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 2009- VIII ZR 302/07, BGHZ 181, 188 Rn. 24). Auch für einen etSchadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB, der bei schuldhafter Verwendung unwirksamer SchönheitsreparaturklauseIn in Betracht kommen kann, findet die kurze Verjährung des § 548 Abs. 2 BGB Anwendung.

16 c) Die Verjährung des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs begann deshalb mit dem Ablauf des Monats Dezember 2006 als dem Zeitpunkt der Bedes Mietverhältnisses und lief Ende Juni 2007 ab. Darauf, dass die Beklagten von der Unwirksamkeit der in § 13 des Mietvertrags vorgesehenen Renovierungsklausel erst später erfahren haben und das Senatsurteil zum Bedes Mieters erst am 27. Mai 2009 ergangen ist, kommt es nicht an. Zwar beginnt die regelmäßige Verjährung gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB erst, wenn der Gläubiger Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Im Rahmen der kurzen Verjährung des § 548 Abs. 2 BGB kommt es aber nicht auf die Kenntnis des Gläubigers an, sondern allein auf die Beendigung des Mietverhältnisses. Eine Ausnahme hat der Senat nur insoweit bejaht, als es um die Kenntnis von einer Grundstücksveräußerung als tatsächlicher Voraussetfür die Beendigung des Mietverhältnisses ging (Senatsurteil vom 28. Mai 2008 -VIII ZR 133/07, aaO Rn. 18). Eine weitere Ausnahme bezüglich der Kenntnis der tatsächlichen Umstände, aus denen sich der geltend gemachte Anspruch ergibt, ist nicht geboten.



Ball Dr. Frellesen Dr. Milger
Dr. Fetzer Dr. Bünger


Vorinstanzen:
AG Freiburg, Entscheidung vom 05.03.2010 -6 C 4050/09 -
LG Freiburg, Entscheidung vom 15.07.2010-35 102/10 -



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