Rechtsanwalt Michael Hauptfleisch


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BGH, Urteil vom 13. Juli2011 - VIII ZR 215/10 -

Verkehrsrecht

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IM NAMEN DES VOLKES


URTEIL




Verkündet am:
13. Juli2011 Vorusso, Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle


BGB § 323 Abs. 2 Nr. 3, § 474 Abs. 1 Satz 1, § 475 Abs. 1 Satz 1


a) Der Verkauf beweglicher Sachen durch eine GmbH an einen Verbraucher fällt, auch soweit es sich um branchenfremde Nebengeschäfte handelt, im Zweifel unter die Bestimmungen der
§ 474 ff. BGB zum Verbrauchsgüterkauf (im Anschluss an BGH, Urteil vom 9. Dezember 2008 - Xl ZR 513/07, BGHZ 179, 126, zum Verbraucherdarlehensvertrag).

b) Beim Verbrauchsgüterkauf ist bei einem behebbaren Sachmangel eine Fristsetzung zur Nacherfüllung als Voraussetzung für einen Rücktritt vom Vertrag auch im Falle eines - unwirksamen - formularmäßigen Gewährleistungsausschlusses nicht entbehrlich (Aufgabe des Senatsurteils vom 15. November 2006 -VIII ZR 3/06, BGHZ 170, 31 Rn. 44).

BGH, Urteil vom 13. Juli2011 - VIII ZR 215/10 - OLG Frankfurt in Darmstadt LG Darmstadt

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 18. Mai 2011 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Frellesen, die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 22. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 22. Juli2010 aufgehoben.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1 Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 15. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.


Von Rechts wegen



Tatbestand:


Der Ehemann der Klägerin (im Folgenden: Zedent) kaufte am 29. De2006 von der Beklagten unter Ausschluss jeglicher GewährIeistungseinen gebrauchten, sieben Jahre alten Pkw Renault Espace zum Preis von 7.540€ Das Fahrzeug wurde am selben Tag bezahlt und übergeben. Mit Anwaltsschreiben vom 10. Januar 2007 erklärte der Zedent die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung mit der Begründung, die Beklagte habe ein Klappergeräusch im Motorbereich verschwiegen. Die Beklagte erwiderte mit Anwaltsschreiben vom 18. Januar 2007, das Fahrzeug sei zum Zeitpunkt der Übergabe mangelfrei gewesen, wies die Anfechtung zurück und lehnte eine Rückabwicklung ab.

2 Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin aus abgetretenem Recht des ZedenZahlung von 7.540 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrsowie Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesunter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Beklagte - unter Abzug von Nutzungswertersatz in Höhe von 118€- zur Zahlung von 7.422€ nebst Zinsen verurteilt und dem Feststellungsantrag entsprochen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.


Entscheidungsgründe:

3 Die Revision hat Erfolg.

4 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Weausgeführt:

5 Anhaltspunkte für eine Rückabwicklung des Vertrages nach
§ 812 BGB lägen nicht vor. Der Kaufvertrag sei nicht wegen der vom Zedenten erklärten Anfechtung von Anfang an unwirksam. Denn der Nachweis eines arglistigen Verhaltens des Geschäftsführers der Beklagten sei der Klägerin nicht gelungen.

6 Die Klägerin habe aber gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückabdes Kaufvertrags gemäß
§~ 437, 440, 323 BGB. Ausweislich des Gutdes Sachverständigen B. stehe mit hinreichender Sicherheit fest, dass das Fahrzeug im Zeitpunkt des Gefahrübergangs mangelhaft im Sinne des § 434 BGB gewesen sei. Der Sachverständige habe zwar festgestellt, dass sich sowohl das Motorgeräusch als auch das Schleifgeräusch in der Kurvennicht auf mechanische Ursachen zurückführen ließen, sondern Verschleißerscheinungen darstellten. Hierbei handele es sich aber nicht um übliche Verßerscheinungen, mit denen ein durchschnittlicher Käufer rechnen müsse. Es handele sich auch nicht um einen unerheblichen Mangel.

7 Der vereinbarte Gewährleistungsausschluss sei gemäß
§ 475 BGB unweil ein Verbrauchsgüterkauf im Sinne des § 474 BGB vorliege. Der Zedent sei unzweifelhaft Verbraucher im Sinne des § 13 BGB. Auch sei die BeUnternehmer im Sinne des § 14 BGB. Für sie als eine im Handelsregister eingetragene juristische Person gehöre grundsätzlich alles zur gewerblichen Tätigkeit, also auch - wie hier - ein branchenfremdes Nebengeschäft. Wollte man nach dem Geschäftszweck im engeren Sinn abgrenzen, wären die §~ 474 if. BGB nur auf gewerbliche Verkäufer anwendbar. Schon der regelmäßige Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen durch eine Leasing- oder Mietwagen-firma fiele dann nicht darunter. Das würde den Schutzzweck des § 474 BGB zu sehr einschränken. Für eine umfassendere Anwendung spreche auch der Vermit § 491 BGB, der den Verbraucherdarlehensvertrag regele. Nach nahezu einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur könne Darleim Sinne von § 491 Abs. 1 BGB auch ein Unternehmer sein, dessen unternehmerische Tätigkeit sich nicht auf die Kreditvergabe beziehe.

8 Zwar habe es der Zedent unterlassen, der Beklagten vor der Erklärung des Rücktritts eine Frist zur Nacherfüllung einzuräumen. Eine Fristsetzung sei hier aber nach
§ 323 Abs. 1 Nr. 1 BGB entbehrlich gewesen, weil die Beklagte die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert habe. Es komme nicht auf die zwischen den Parteien streitige Frage an, ob der Geschäftsführer der Beklagten bereits im ersten Telefonat eine Nacherfüllung abgelehnt habe. Auch könne dahinstehen, ob in dem Anfechtungsschreiben vom 10. Januar 2007 eine Rückärung enthalten gewesen sei. Jedenfalls sei die Geltendmachung des Rücktritts durch die Klageerhebung erfolgt, mit der die Rückabwicklung der Leistungen Zug um Zug verlangt worden sei. Zu diesem Zeitpunkt habe die Beeine Nacherfüllung bereits ernsthaft und eindeutig abgelehnt, indem sie im Schreiben vom 18. Januar 2007 die Mangelhaftigkeit der Sache bestritten und eine Rückabwicklung verweigert habe. Auch das Verhalten der Beklagten während des Rechtsstreits zeige, dass sie sich auf eine Nacherfüllung nicht eingelassen hätte, da sie sowohl tatsächlich als auch rechtlich ihre Verantwortbestreite.


II.


9 Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags vom 29. Dezember 2006.

10 Im Revisionsverfahren ist aufgrund der rechtsfehlerfreien Beweiswürdides Berufungsgerichts nicht mehr im Streit, dass die vom Zedenten erklärAnfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung nicht durchgreift und damit ein Anspruch der Klägerin auf eine bereicherungsrechtliche Rückabwickgemäß
§ 812ff. BGB ausscheidet. Der Klägerin steht aber, anders als das Berufungsgericht meint, auch ein vertraglicher Rückabwicklungsanspruch wegen eines Sachmangels des gekauften Fahrzeugs 346 i.V.m. §~ 437, 440, 323 BGB) nicht zu.

11 1. Allerdings rügt die Revision ohne Erfolg, das Berufungsgericht hätte der Klage unter dem Gesichtspunkt der vertraglichen Sachmangelgewährleisschon deshalb nicht stattgeben dürfen, weil der Klägerin ein daraus etwa herzuleitender Rückabwicklungsanspruch bereits durch das Urteil des Landgerechtskräftig aberkannt worden sei. Das trifft nicht zu.

12 a) Das Landgericht hat mit Recht in der Anfechtungserklärung des Zezugleich eine Rücktrittserklärung gesehen (vgl. Senatsurteil vom 10. März 2010- VIII ZR 182/08, NJW 2010, 2503 Rn. ist.) und folgerichtig den von der Klägerin geltend gemachten Rückabwicklungsanspruch sowohl unter dem Gesichtspunkt einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung wegen argTäuschung als auch einer vertraglichen Rückabwicklung wegen eines Sachmangels geprüft. Es hat die Voraussetzungen beider Anspruchsgrundlaverneint. Dagegen hat die Klägerin unter Wiederholung ihrer erstinstanzliAnträge uneingeschränkt Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht war deshalb prozessual nicht daran gehindert, der Klage im Hinblick auf einen verRückabwicklungsanspruch aus
§~ 437, 440, 323, 346 BGB stattzu

13 b) Der Umstand, dass die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung nur die Beweiswürdigung des Landgerichts zur Frage der arglistigen Täuschung beanhat, nicht aber die Ausführungen des Landgerichts zum vertraglichen Rückabwicklungsanspruch wegen eines Sachmangels, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

14 Das Berufungsgericht ist nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, den vorgetragenen Sachverhalt im Hinblick auf alle für den geltend gemachten Klageanspruch in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen zu beurteilen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 520 Abs. 3 ZPO. Die in dieser Bestimmung vorgeschriebene Angabe der Berufungsgründe ist nur Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels, hat aber keine Beschränkung des Prüfungsumdes Berufungsgerichts auf die in der Berufungsbegründung angeführten Beanstandungen zur Folge. So kann und muss das Berufungsgericht konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen (~ 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 ZPO) berücksichtigen, die ihre Grundlage im erstinVorbringen der Parteien haben, auch wenn das Übergehen dieses Vortrags vom Berufungskläger nicht zum Gegenstand einer Berufungsrüge geworden ist (BGH, Urteil vom 12. März 2004 -VZR 257/03, BGHZ 158, 269, 278 f.). Erst recht gilt dies für die materiell-rechtliche Beurteilung des Klain der Berufungsinstanz. Sie unterliegt auch in der Berufungskeinen Einschränkungen und ist nicht auf die in der Berufungsbegrünangeführten rechtlichen Gesichtspunkte beschränkt 529 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

15 Deshalb stellt auch der Hinweis des Berufungsgerichts an die Parteien, dass die Beklagte Unternehmer im Sinne des
§ 14 Abs. 1 BGB sei, entgegen der Auffassung der Revision keinen Verfahrensverstoß dar. Mit diesem materiHinweis hat das Berufungsgericht lediglich in zulässiger Weise zu erkennen gegeben, dass ein Verbrauchsgüterkauf 474 BGB) vorliegen könne und damit ein vertraglicher Rückabwicklungsanspruch wegen eines Sachmangels in Betracht komme. Bei der Frage, ob der vorgetragene Sachvereinen bereicherungsrechtlichen oder einen vertraglichen Rückabwicklungsrechtfertigt, geht es, anders als die Revision meint, nicht um verStreitgegenstände, sondern lediglich um unterschiedliche Anfür das Klagebegehren aufgrund des von der Klägerin voreinheitlichen Lebenssachverhalts.

16 2. Vergeblich beanstandet die Revision auch, dass das Berufungsgericht den vereinbarten Gewährleistungsausschluss gemäß § 475 BGB für unwirksam gehalten hat. Entgegen der Auffassung der Revision handelt es sich bei dem Kaufvertrag vom 29. Dezember 2006 um einen Verbrauchsgüterkauf im Sinne des § 474 BGB, bei dem der Beklagten als Unternehmer die Berufung auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss verwehrt ist (§ 475 Abs. 1 Satz 1 BGB).

17 Die Revision stellt nicht in Frage, dass der Zedent bei Abschluss des Vertrages Verbraucher war
13 BGB), und bezweifelt auch nicht, dass die Beals juristische Person nicht Verbraucher sein kann 13 BGB), sondern als GmbH eine Handelsgesellschaft ist, die ein Handeisgewerbe betreibt 13 Abs. 1 GmbHG, § 5, 6 Abs. 1 HGB). Sie meint aber, dass die Beklagte den vorliegenden Kaufvertrag nicht, wie es § 14 Abs. 1 BGB für den Unternehmer voraussetzt, “in Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit“ geschlossen habe, weil der Geschäftszweck der Beklagten nur die Herstellung und Veräußerung von Druckerzeugnissen umfasse, nicht aber den Verkauf eines gebrauchten Pkw. Damit dringt die Revision nicht durch.

18 a) Der Bundesgerichtshof hat für den Verbraucherdarlehensvertrag beentschieden, dass Darlehensgeber im Sinne des § 491 BGB auch ein Unsein kann, dessen unternehmerische Tätigkeit sich nicht auf die Krebezieht. Notwendig ist nur, dass er bei Abschluss des Darlehensverin Ausübung seiner gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätighandelt. Bei Kaufleuten wie einer GmbH streitet gemäß § 343, 344 HGB eine Vermutung für einen unmittelbaren Bezug des Darlehensvertrags zur geTätigkeit des Darlehensgebers (BGH, Urteil vom 9. Dezember 2008 - Xl ZR 513/07, BGHZ 179, 126 Rn. 14ff., 22).

19 b) Für den Verbrauchsgüterkauf gilt nichts anderes. Auch der Verkauf beweglicher Sachen durch eine GmbH an einen Verbraucher gehört im Zweifel zum Betrieb des Handelsgewerbes der GmbH (~ 344 Abs. 1 HGB) und fällt daauch soweit es sich um branchenfremde Nebengeschäfte handelt, unter die Bestimmungen der §~ 474 ff. BGB für den Verbrauchsgüterkauf, sofern die geVermutung des § 344 Abs. 1 HGB nicht widerlegt ist. Die Anwendung der § 343, 344 HGB bei der Prüfung, ob bei Kaufleuten ein Unternehmergeäft im Sinne der §~ 14, 474 BGB vorliegt, entspricht nicht nur der Rechtdes Bundesgerichtshofs zum Verbraucherdarlehensvertrag, sondern auch der ganz einhelligen Auffassung im Schrifttum (MünchKommBGB/Micklitz, 5. Aufl., § 14 Rn. 16 if.; Soergel/Pfeiffer, BGB, 13. Aufl., § 13 Rn. 36, § 14 Rn. 10; SoergelMertenbruch, aaO, § 474 Rn. 23 und 34 mit einer - hier nicht einschlägigen - Einschränkung; Staudinger/Haberrnann, BGB, Neubearb. 2004, § 14 Rn. 35; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2004, § 474 Rn. 15; Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, BGB, 2. Aufl., § 14 Rn. 8; Palandt/ Heinrichs, BGB, 70. Aufl., § 14 Rn. 2; Erman/Saenger, BGB, 12. Aufl., § 14 Rn. 8ff., 11).

20 Die von der Revision für den Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen durch eine Handelsgesellschaft geforderte Beschränkung des Anwendungsbereichs der
§~ 474 ff. BGB auf professionelle Verkäufer, das heißt den engeren Kreis gewerblicher Kraftfahrzeughändler, ist abzulehnen (ebenso MünchKommBGB/ 5. Lorenz, aaO, § 474 Rn. 21; Bamberger/Roth/Faust, aaO, § 474 Rn. 12 aE; aA Brüggemeier, WM 2002, 1376, 1385). Sie findet in der gesetzlichen Regekeine Stütze und liefe auch dem weiten Schutzzweck der % 474 ff. BGB zuwider, bei denen es auf die Schutzbedürftigkeit des Käufers und nicht auf die des Verkäufers ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 2008 - Xl ZR 513/07, aaO Rn. 1Sf. zum Verbraucherdarlehensvertrag).

21 c) Das Berufungsgericht ist auf dieser Grundlage rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte beim Abschluss des Kaufvertrags vom 29. Dezember 2006 als Unternehmer im Sinne der
§~ 14, 474 BGB gehandelt hat. Feststellungen, aufgrund derer die Vermutung des § 344 Abs. 1 HGB als widerlegt anzusehen wäre, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Dagegen bringt die Revision nichts vor. Es kann dahingestellt bleiben, ob Verkaufsgeäfte einer GmbH überhaupt außerhalb der gewerblichen Tätigkeit der ein Handelsgewerbe betreibenden GmbH liegen können. Die Revision jedenfalls vermag keinen vom Berufungsgericht etwa übergangenen Sachvortrag aufzuaufgrund dessen der Verkauf des Kraftfahrzeugs an die Klägerin - entgegen der Vermutung des § 344 Abs. 1 HGB - nicht zum Betrieb des Hander Beklagten gehören sollte.

22 2. Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei den Klappergeräuschen im Motorbereich, wie das Berufungsgericht angenommen hat, um nicht übliche Verschleißerscheinungen handelt, die einen Mangel darstellen, der so erheblich ist, dass der Rücktritt nicht gemäß
§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen wäre. Unabhängig davon ist der Zedent nicht wirksam vom Kaufvertrag zurück

23 Ein Recht zum Rücktritt vom Kaufvertrag wegen eines Sachmangels könnte dem Zedenten, wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat, aufgrund des Vorrangs der Nacherfüllung nur unter den Voraussetzungen der
§ 440, 323 BGB zustehen, also wenn der Zedent der Beklagten erfolglos eine angeFrist zur Nacherfüllung bestimmt hätte 323 Abs. 1 BGB) oder eine solche Fristsetzung gemäß § 323 Abs. 2 oder § 440 BGB entbehrlich gewesen wäre (st. Rspr.; Senatsurteil vom 10. März 2010 - VIII ZR 310/08, NJW 2010, 1448 Rn. 10 mwN). Diese Voraussetzungen für den Rücktritt sind hier nicht erüllt. Der Zedent hat die Beklagte zu keinem Zeitpunkt, auch im Laufe des Rechtsstreits nicht, zur Nacherfüllung aufgefordert. Ein solche Aufforderung war nicht deshalb entbehrlich, weil die Beklagte, wie das Berufungsgericht angehat, eine Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert hätte (~ 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Entgegen der Auffassung der Revision ist auch aus dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht herzuleiten, dass der Kläder Obliegenheit, der Beklagten Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben, enthoben gewesen wäre.

24 a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an das Voreiner ernsthaften und endgültigen Verweigerung im Sinne des
§ 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB strenge Anforderungen zu stellen. Eine Erfüllungsverweigeliegt nur vor, wenn der Schuldner unmissverständlich und eindeutig zum Ausdruck bringt, er werde seinen Vertragspflichten unter keinen Umständen nachkommen. Dafür reicht das bloße Bestreiten des Mangels oder des Klanicht aus. Vielmehr müssen weitere Umstände hinzutreten, weldie Annahme rechtfertigen, dass der Schuldner seinen Vertragspflichten unter keinen Umständen nachkommen will und es damit ausgeschlossen erdass er sich von einer Fristsetzung hätte umstimmen lassen (Senatsurvom 21. Dezember2005- VIII ZR 49105, NJW 2006, 1195 Rn. 25 mwN).

25 Solche Umstände hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Sie liegen nach dem unstreitigen Sachverhalt auch nicht vor. Auch die Revisionserwidedes Klägers zeigt keinen vorinstanzlichen Sachvortrag auf, aus dem sich eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung seitens der Beklagten herleiten ließe.

26 aa) Hinsichtlich des Telefonats, das die Parteien Anfang Januar 2007 geührt haben, bevor der Zedent mit Schreiben vom 10. Januar 2007 die Anfechdes Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung erklärte, hat das Berufungsgericht offen gelassen, ob der Geschäftsführer der Beklagten eine Nach-erfüllung abgelehnt hat. Aus dem insoweit unstreitigen Sachverhalt ergibt sich, dass die Beklagte in diesem Telefonat eine Nacherfüllung nicht verweigert hat. Für die Annahme einer ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung reicht es nicht aus, dass der Geschäftsführer der Beklagten in diesem Telefonat
- von sich aus - angeboten hat, sich aus Kulanz an den Kosten einer etwaigen Mangelbeseitigung beteiligen zu wollen. In diesem Angebot ist schon deshalb keine Verweigerung der Nacherfüllung zu sehen, weil der Zedent den Geäftsführer der Beklagten in diesem Telefonat nicht aufgefordert hat, den beMangel zu beseitigen, sondern stattdessen Rückabwicklung des Vertrages verlangt hat. Letzteres hat die Beklagte mit Recht abgelehnt. Denn dem Zedenten stand ein Rücktrittsrecht im Zeitpunkt des Telefonats aufgrund des Vorrangs der Nacherfüllung nicht zu.

27 bb) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht aus dem Schreiben der Beklagvom 18. Januar 2007 eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigehergeleitet. Dass die Beklagte in diesem Schreiben den Mangel bestritt, reicht, wie ausgeführt, nicht aus, um eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsanzunehmen, zumal die Beklagte auch in dem vorangegangenen Anfechtungsschreiben des Zedenten nicht zur Mangelbeseitigung aufgefordert worden war. Eine Verweigerung der Nacherfüllung liegt auch nicht darin, dass die Beklagte in ihrem Schreiben - ebenso wie in dem vorangegangenen Telefo- eine Rückabwicklung des Vertrages ablehnte. Denn dazu war sie weiterhin berechtigt, weil dem Zedenten auch zu diesem Zeitpunkt ein Recht zum Rückvom Vertrag nicht zustand.

28 cc) Es ist nicht Angelegenheit des Verkäufers, vom Käufer eine Gelezur Nacherfüllung zu erbitten, sondern eine Obliegenheit des Käufers, vom Verkäufer Nacherfüllung zu verlangen (Senatsurteil vom 10. März 2010 VIII ZR 310/08, aaO Rn. 12 mwN). Das hat der Zedent versäumt. Damit beauch im Zeitpunkt der Klageerhebung, in der das Berufungsgericht den Rücktritt gesehen hat, kein Rücktrittsrecht des Zedenten. Daran hat sich im Laufe des Rechtsstreits nichts geändert. Zur Nacherfüllung ist die Beklagte auch nicht aufgefordert worden, nachdem sie im zweiten Rechtszug ausdrück(auch) gerügt hatte, dass ihr vom Zedenten keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt worden sei.

29 b) Die Revision hat in der mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 15. November 2006 (VIII ZR 3/06, BGHZ 170, 31) die Auffassung vertreten, einer Aufforderung zur Nacherfüllung seitens des Klägers habe es nicht bedurft, weil es sich bei dem im Vertrag enthaltenen Gewährleisum eine von der Beklagten verwendete Allgemeine Geäftsbedingung handele und deshalb der Grundsatz Anwendung finde, dass sich der Verwender einer Formularbestimmung nicht auf deren Unwirksamkeit berufen könne. Damit dringt die Revision nicht durch.

30 aa) Es kann dahingestellt bleiben, ob der Gewährleistungsausschluss im vorliegenden Fall individualvertraglich vereinbart wurde oder ob es sich um eine von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung handelt.
§ 475 Abs. 1 BGB differenziert nicht zwischen Individualvereinbarungen und AllgeGeschäftsbedingungen. Die Vereinbarung eines Gewährleistungsausbeim Verbrauchsgüterkauf zieht in beiden Fällen nur die Rechtsfolge nach sich, dass sich der Unternehmer gegenüber dem Verbraucher auf den Gewährleistungsausschluss nicht berufen kann (~ 475 Abs. 1 BGB), führt aber nicht ohne Weiteres dazu, dass der Verbraucher mindern, zurücktreten oder Schadensersatz statt der Leistung verlangen könnte, ohne dem Verkäufer zuvor Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben zu haben. Eine so weitgehende Rechtsfolge lässt sich aus der gesetzlichen Regelung nicht ableiten. § 475 Abs. 1 BGB macht zwar den Weg dafür frei, dass der Verbraucher die ihm weeines Mangels gesetzlich zustehenden Rechte geltend machen kann, entden Verbraucher aber nicht davon, die gesetzlichen Voraussetzungen dieser Rechte zu erfüllen.

31 Die Grundsätze des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen rechtfertigen keine andere Beurteilung. Die Sanktion für die Verwendung unFormularklauseln besteht darin, dass sich der Verwender mit der für ihn ungünstigeren Regelung des dispositiven Gesetzesrechts begnügen muss, die der ersatzlose Wegfall der unzulässigen Klausel zur Folge hat, geht aber nicht so weit, dass dem Verwender die Berufung auf das dispositive Gesetzes-recht verwehrt wäre (Senatsurteil vom 24. März 2010 - VIII ZR 177/09, BGHZ 185, 114 Rn. 23). Die Beklagte ist deshalb auch dann, wenn es sich bei dem vereinbarten Gewährleistungsausschluss um eine Formularklausel handeln sollnicht daran gehindert, sich darauf zu berufen, dass der Kläger dem gesetzliErfordernis einer Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht nachgekommen ist. Ob es einer Fristsetzung zur Nacherfüllung als Voraussetzung für einen Rückvom Kaufvertrag ausnahmsweise nicht bedarf, ist nicht aus dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen herzuleiten, sondern richtet sich nach den Bestimmungen in
§ 323 Abs. 2 und § 440 BGB, in denen die Voraussetzungen, unter denen eine Fristsetzung zur Nacherfüllung für einen Rücktritt vom Kaufausnahmsweise entbehrlich ist, abschließend geregelt sind.

32 bb) Das Vorbringen der Revision, dass es einer Fristsetzung zur Nachüllung bei einem formularmäßigen Gewährleistungsausschluss in einem Verüterkaufvertrag generell nicht bedürfe, zielt auf eine Anwendung des
§ 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Nach dieser Bestimmung ist eine Fristsetzung zur Nacherfüllung entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.

Derartige Umstände sind vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden und werden auch von der Revision nicht aufgezeigt.

33 Die Voraussetzungen des
§ 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB sind nicht, wie die Remeint, bereits dann erfüllt, wenn in einem Verbrauchsgüterkaufvertrag ein formularmäßiger Gewährleistungsausschluss enthalten ist, auf den sich der Ungemäß § 475 Abs. 1 BGB nicht berufen kann. Der Senat hat zwar in dem von der Revision angeführten Urteil, ohne auf die Voraussetzungen des § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB ausdrücklich Bezug zu nehmen, eine Fristsetzung zur Nacherfüllung beim Verbrauchsgüterkauf im Falle eines formularmäßigen Geährleistungsausschlusses für entbehrlich gehalten (Senatsurteil vom 15. No2006 - VIII ZR 3/06, aaO Rn. 44). Daran hält er jedoch nicht fest. Die vom Senat zur Begründung angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtszu dem Grundsatz, dass sich der Verwender einer Formularbestimmung nicht auf deren Unwirksamkeit berufen kann (Senatsurteil vom 5. April 2006 -VIII ZR 152/05, NJW 2006, 2115 Rn. 19 mwN), betrifft andere Fallgestaltunaus denen sich nicht ableiten lässt, dass beim Verbrauchsgüterkauf im Falle eines formularmäßigen Gewährleistungsausschlusses das Erfordernis einer Fristsetzung zur Nacherfüllung als Voraussetzung für einen Rücktritt des Verbrauchers vom Vertrag nicht eingehalten werden müsste.

34 Der Grundsatz, dass sich der Verwender einer Formularbestimmung nicht auf deren Unwirksamkeit berufen kann, soll verhindern, dass der Klauseldurch die Unwirksamkeit der Klausel schlechter gestellt wird, als er im Falle ihrer Wirksamkeit stünde (Senatsurteil vom 5. April 2006 - VIII ZR 152/05, aaO; vgl. auch die dort zitierte Rechtsprechung: BGH, Urteile vom 4. Dezember 1997 -VII ZR 187/96, NJW-RR 1998, 594 unter III 2b, und vom 13. Oktober 2004-1 ZR 249/01, NJW-RR 2005, 34 unter III). Eine solche Schlechterstellung des Verbrauchers liegt in den Fällen des
§ 475 Abs. 1 BGB nicht vor. Der Verbraucher wird dadurch, dass ihm aufgrund der Regelung des § 475 Abs. 1 BGB das gesetzliche Rücktrittsrecht bei einem Sachmangel - unter den dafür geltenVoraussetzungen - zusteht, nicht schlechter, sondern besser gestellt, als er stünde, wenn der Gewährleistungsausschluss durchgreifen würde. § 475 Abs. 1 BGB bezweckt gerade, dem Verbraucher die gesetzlichen Mängelrechte und -ansprüche zu verschaffen, die dem Verbraucher nicht zustünden, wenn sich der Unternehmer auf den Gewährleistungsausschluss berufen könnte. Aus dem Grundsatz, dass sich der Verwender einer Formularbestimmung nicht auf deren Unwirksamkeit berufen kann, lässt sich deshalb nicht herleiten, dass eine Fristzur Nacherfüllung als Voraussetzung für einen Rücktritt vom Kaufverentbehrlich wäre, wenn bei einem Verbrauchsgüterkauf formularmäßig ein Gewährleistungsausschluss vereinbart worden ist.

III.


35 Das Berufungsurteil kann aus den dargelegten Gründen keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, weil weitere Feststellungen nicht zu treffen sind (~ 563 Abs. 3 ZPO). Da der Klägerin der ihr vom Berufungsgericht zuerkannte Anspruch aus §~ 434, 437, 440, 323, 346 BGB auf Rückabwicklung des Kaufvertrags vom 29. Dezember 2006, wie ausgeführt, nicht zusteht, ist die Berufung der Klägerin gegen das die Klage abweisende Urteil des Landgerichts zurückzuweisen.



Vorinstanzen:

LG Darmstadt, Entscheidung vom 15.10.2007 - 1 095/07 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 22.07.2010-22 U 232/07 -




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